Welche Gesundheits-Apps gibt es? Wie unterscheiden sie sich? Welche sind gut und vertrauenswürdig? Seit einiger Zeit entwickeln wir – die Bertelsmann Stiftung und die Weisse Liste gGmbH – Lösungen für mehr Transparenz bei digitalen Gesundheitsanwendungen. Das Projekt nennen wir „Trusted Health Apps“. Mit der App-Suche der Weissen Liste ist jetzt das erste Informationsangebot in diesem Kontext als Beta-Version online zugänglich. In diesem Blogpost stellen wir aus dem Anlass vor, woran wir arbeiten und wie wir vorgehen. 


Was ist das Ziel von „Trusted Health Apps“?

Ganz übergeordnet wollen wir dazu beitragen, dass gute digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) im Versorgungsalltag – bei Patienten, Ärzten und Therapeuten – ankommen und die Versorgung verbessern. Unser Hebel dazu ist Transparenz. Patienten sollen qualitativ hochwertige Anwendungen auswählen, Ärzte DiGA auf Basis fundierter Informationen empfehlen und verschreiben, Förder- und Kapitalgeber ihre Entscheidungen an standardisierten Qualitätsaspekten ausrichten können. Hersteller möchten wir unterstützten, sich bei der Entwicklung von DiGA an den Anforderungen des Gesundheitssystems zu orientieren. Zugleich ermöglichen wir ihnen, ihr Engagement für Qualität nach außen hin sichtbar darzustellen.

In welchem Rahmen findet das Projekt statt?

DiGA können Versorgung verbessern und das Selbstmanagement von Patienten unterstützen. Darüber herrscht im Gesundheitssystem weitgehend Einigkeit. Jedoch gibt es derzeit kaum Markt- und Qualitätstransparenz. Jenseits der Informationen in den App-Stores und auf den Websites der Hersteller gibt es für Interessierte nur wenige Möglichkeiten, sich umfassend über DiGA zu informieren. So sagten in einer Befragung im vergangenen Jahr rund 60 Prozent der Deutschen, dass sie die Vertrauenswürdigkeit von Gesundheits-Apps schlecht einschätzen können. Ärzte – das zeigen Fokusgruppen, die wir ebenfalls 2019 durchgeführt haben – wünschen sich Orientierung für ihre Aufgabe als „Empfehler“ von DiGA. Und dieser Informationsbedarf bei Patienten sowie Leistungserbringern nimmt noch einmal deutlich zu, wenn im Laufe dieses Jahres die ersten „Apps auf Rezept“ aus dem sogenannten Fast-Track-Verfahren für DiGA kommen.

Was ist unser Ansatz?

Im Kern besteht der Ansatz von „Trusted Health Apps“ aus zwei Bausteinen: Zum einen entwickeln wir Lösungen und Standards für die Erhebung und Bewertung der Qualität von DiGA, zum anderen Informationsangebote für unterschiedliche Zielgruppen, in denen wir diese Qualität darstellen. Das Gütekriterien-Kernset AppQ ist so eine Lösung, die jetzt veröffentlichte App-Suche für Patienten und Bürger ein solches Informationsangebot. Weitere Angebote, zum Beispiel für Ärzte, sollen folgen. Dabei gehen wir Schritt für Schritt vor und entwickeln unsere Methoden kontinuierlich weiter. Das Lernen und Erproben, das Verwerfen und Anpassen von Bewertungskriterien, Regelwerken und Darstellungslogiken ist zentraler Bestandteil unseres Ansatzes – und zwar nicht am „grünen Tisch“, sondern anhand unserer Produkte und mit unseren Zielgruppen. Denn: Genauso wenig, wie das Gesundheitssystem ein fertiges Bild davon hat, wie es mit DiGA umgeht und ihre Qualität beurteilt, werden wir in nächster Zeit „fertig“ sein mit unserem Tun.

Um welche Gesundheits-Apps geht es?

Wir fokussieren solche Gesundheits-Apps, die als Medizinprodukt zertifiziert sind – DiGA, die durch Patienten allein oder gemeinsam mit einem Leistungerbringer genutzt werden. Dabei weichen unsere Einschlusskriterien leicht von denen ab, die im Kontext des Fast Track definiert sind. Wir schließen auch Medizinprodukte ein, die eine höhere Risikoklasse als IIa vorweisen und solche, die in der Primärprävention eingesetzt werden. Hintergrund sind die unterschiedlichen Zwecke der jeweiligen Verfahren: Herstellung von Transparenz zu DiGA hier und Prüfung der Erstattungsfähigkeit als „App auf Rezept“ dort.

Auf welche Datengrundlagen beruht die Qualitätsberichterstattung zu DiGA?

Zentraler Kern der Qualitätsberichterstattung sind freiwillige Selbstauskünfte von DiGA-Herstellern zu den Kriterien des Gütekriterien-Katalogs AppQ, den wir im vergangenen Jahr gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit entwickelt haben und der inzwischen in der Version 1.1 vorliegt. Die Hersteller können sich auf einer eigens geschaffenen Plattform registrieren und ihre Selbstauskünfte jederzeit aktualisieren. Die Hersteller-Angaben ergänzen und „prüfen“ wir perspektivisch durch Bewertungsverfahren zu Themenbereichen, die für die Einschätzung der Qualität von DiGA besonders bedeutend sind. So bauen wir gerade ein „Gutachter-Board-Medizin“ auf und entwickeln Prozesse zur Prüfung von Datenschutz und Informationssicherheit. Das Gutachter-Board stellen wir demnächst hier im Blog vor.

Weisse Liste App-Suche

Warum arbeiten wir mit freiwilligen Selbstauskünften von DiGA-Herstellern?

Weil wir es oft gefragt werden: Freiwillige Selbstauskünfte sind aus unserer Sicht der geeignete Weg, in einem so dynamischen Feld Transparenz zu schaffen. Dort, wo sich mit jedem Update einer App der Bewertungsgegenstand grundlegend verändern kann und nahezu wöchentlich neue Angebote auf den Markt kommen, braucht es für Transparenz kurzfristig und relativ aufwandsarm aktualisierbare Datengrundlagen – die Ergebnisse eines allumfassenden Prüfprozesses würden schnell veralten. Durch die Standardisierung von Kriterien und Indikatoren kann eine Vergleichbarkeit von DiGA entstehen, die heute so nicht gegeben ist. Hersteller können – zum Beispiel durch Zertifikate oder Studienpublikationen – quasi tagesaktuell nachweisen, was sie für die Qualität ihrer Anwendungen tun. Patienten und Leistungserbringer erhalten ein aktuelles Bild. Klar ist uns, dass dieses Bild nicht komplett „vollständig“ ist. Deswegen möchten wir es abrunden und validieren durch gezielte zeitraumbezogene Prüfprozesse zu einzelnen Themen.

Wird es eine Gesamtbewertung der Qualität einer DiGA im Sinne einer Note oder eines Siegels geben?

Mittelfristig möchten wir durch eine intelligente Verknüpfung und Auswertung unserer Datengrundlagen eine Gesamtbewertung einer DiGA im Sinne eines Siegels ermitteln. Diese Bewertung soll unseren Zielgruppen ermöglichen, die Qualität und Vertrauenswürdigkeit einer DiGA auf einen Blick einzuschätzen – zu erkennen, was eine „Trusted Health App“ ist. Zu diesem Ziel bewegen wir uns aber schrittweise. Weil im Gesundheitssystem noch kein breiter Konsens über die Qualitätsanforderungen an DiGA herrscht. Und weil auch wir mit unserem Ansatz neues Terrain betreten. Ein erster Schritt ist das Regelwerk, das wir jetzt für die App-Suche der Weissen Liste entwickelt haben. Es soll Nutzern helfen, die Selbstauskünfte der Hersteller einzuordnen und bewertet die Erfüllung von AppQ-Kriterien auf Ebene der Kriterien sowie der übergeordneten Themen (z. B. „Medizinische Qualität“, „Verbraucherschutz und Fairness“ oder „Anbindung an das Gesundheitssystem“). Das Regelwerk besteht aus über 400 Einzelregeln und übersetzt die Bewertung in eine visuelle Orientierungshilfe in Form einer Sterneskala sowie in einen erklärenden Text.

Warum hat die App-Suche einen „Beta“-Status?

Der Beta-Status der App-Suche ergibt sich daraus, dass wir derzeit Informationen Stück für Stück ergänzen. So haben zunächst einige Hersteller ihre Selbstauskünfte erteilt, alle anderen haben jetzt die Möglichkeit dazu. Zudem holen wir auf Basis der Beta-Version Rückmeldungen unserer Nutzer ein, um Inhalte und Funktionen schrittweise zu optimieren. Dieses Vorgehen haben wir gewählt vor dem Hintergrund unseres Anspruchs, unsere Ansatz nicht am „grünen Tisch“ zu entwickeln, sondern auf Basis konkreter Anwendungen.


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Sie wollen ausführlicher lesen, wie wir vorgehen? In unserer Methodendokumentation beschreiben wir unsere Methoden im Detail.

Sie sind Hersteller einer DiGA, die als Medizinprodukt zertifiziert ist und wollen Auskunft über Ihre Qualität geben? Unter https://www.trustedhealthapps.org/pro/de/publisher können Sie sich registrieren.