In Teil 2 unserer Blogreihe über Nationale Gesundheitsportale vergleichen wir die redaktionellen Workflows und die inhaltliche Qualitätssicherung der Portale in Dänemark, Schweden, Norwegen, Österreich, Australien und Israel.


„Die Menschen müssen dem, was wir sagen, absolut vertrauen können“, sagt Emma Enström. Sie ist Informationsmanagerin in der Kommunikationsabteilung von Inera AB, der Betreiber-Agentur von 1177.se in Schweden. Neben dem Zugang zur elektronischen Patientenakte bietet das schwedische Gesundheitsportal einen umfassenden „Gesundheitsguide“ (Vårdguiden) mit Artikeln zu den Rubriken „Krankheiten & Störungen“, „Behandlung & Hilfsmittel“, „Unfälle & Verletzungen“, „Kind & Schwangerschaft“ sowie „Leben & Gesundheit“. Zudem erhalten alle schwedischen Haushalte regelmäßig das Magazin „1177 Vårdguiden“.

Interne Inhalteproduktion in Dänemark, Schweden und Österreich

Um sicherzugehen, dass die medizinischen Inhalte der 1177-Plattform korrekt und zuverlässig sind, hat Inera AB umfassende strukturierte Workflows und Qualitätskriterien entwickelt: Eine etwa 20-köpfige Zentralredaktion von Inera AB koordiniert die Planung sowie die Erstellung von Artikeln oder lexikalischen Einträgen. Mitarbeiter der Redaktion, mit teils journalistischem und teils medizinischem Hintergrund, verfassen die Artikel in einer laienverständlichen Sprache. Anschließend überprüfen und ggf. ergänzen die regionalen Redaktionsteams von Inera AB die Beiträge, beispielsweise um sicherzustellen, dass bestimmte Therapieempfehlungen für eine Krankheit sich auch an den regional gültigen medizinischen Leitlinien orientieren.

Die Produktionsabläufe der Nationalen Gesundheitsportale unterscheiden sich. Während in Dänemark, Schweden und Österreich Inhalte intern erstellt werden, setzen Norwegen, Australien und Israel auf externe Inhaltelieferanten.
Die Produktionsabläufe unterscheiden sich von Land zu Land. Während in Dänemark, Schweden und Österreich Inhalte intern erstellt werden, setzen Norwegen, Australien und Israel auf externe Inhaltelieferanten.

Faktenprüfer aus der medizinischen Fachwelt

Zudem gibt es einen Pool von etwa 350 Faktenprüfern aus ganz Schweden, die an der Erstellung der Inhalte für den Vårdguiden beteiligt sind und diese auf fachliche Korrektheit prüfen. Dabei handelt es sich um medizinisch ausgebildetes Personal, darunter Fachärzte, Pfleger oder andere Experten aus verschiedenen Gesundheitsorganisationen. Die Zentralredaktion übernimmt die Koordination der Prüfung, und jeder Artikel im Vårdguiden enthält einen Hinweis auf dessen Verfasser sowie auf den Faktenprüfer und das Datum der Aktualisierung. Die Prüfung von Artikeln findet in regelmäßigen Abständen statt, um zu gewährleisten, dass die Gesundheitsinformationen den neuesten medizinischen Erkenntnissen und Leitlinien entsprechen.

In Dänemark und Österreich sind die redaktionellen Prozesse und Workflows zur Sicherung der Qualität der Gesundheitsinformationen ähnlich: Das dänische Gesundheitsportal Sundhed etwa arbeitet ebenfalls mit rund 300 Fachärzten zusammen, die zum einen Artikel aus ihren jeweiligen Fachbereichen verfassen, die anschließend von einer Zentralredaktion redigiert und veröffentlicht werden. Zum anderen sind die Fachärzte auch für die regelmäßige Überprüfung der Inhalte zuständig. Sie sind Teil des externen Redaktionsnetzwerkes und erhalten für ihre Arbeit einen Obulus. Die Autoren und Faktenprüfer werden in den Artikeln namentlich ausgewiesen. Auf einer Infoseite zum Redaktionsteam werden ihre Interessenskonflikte offengelegt. Das heißt, Leser erfahren, ob sie beispielsweise Vortragshonorare von einem Pharmaunternehmen erhalten. Laut Jakob Uffelmann, Director of Innovation bei sundhed.dk, ist das Portal so gut wie nie Schauplatz für Fachdebatten über Evidenz. Es werde vom medizinischen Personal weithin anerkannt, dass die Informationen solide und gut sind.

Auch Österreich mit gesundheit.gv.at setzt bei der Erstellung und Überprüfung der Inhalte auf eine enge Kooperation mit externen Fachleuten: Die siebenköpfige Portalredaktion erstellt sämtliche Informationstexte. Diese durchlaufen anschließend die Expertenüberprüfung durch Angehörige von Fachgesellschaften, Universitäten und Kliniken, öffentlichen Institutionen und anderen Gesundheitsberufen. Die Tätigkeit der mehr als hundert Experten im Rahmen der Qualitätssicherung ist ehrenamtlich. Eine Aktualisierung erfolgt im Drei- bis Vier-Jahres-Intervall.

Externe Inhaltelieferanten in Norwegen, Australien und Israel

Andere Länderportal-Betreiber wie Norwegen, Australien oder Israel verzichten dagegen weitgehend darauf, Inhalte zentral oder intern mithilfe von Redakteuren selbst zu verfassen. Stattdessen sind ihre Produktions-Workflows darauf ausgerichtet, Inhalte extern erstellen zu lassen, während sich die Portalredaktion um die Postproduktion wie etwa das Redigieren oder Aufbereiten für das Online-Portal kümmert.

Beispiel Norwegen: Die Informationen innerhalb des umfassenden Krankheitslexikons auf helsenorge.no werden überwiegend von verschiedenen Gesundheitsorganisationen bereitgestellt beziehungsweise verfasst. Die Liste dieser Kooperationspartner umfasst Dutzende Fachverbände, Behörden oder Universitätskrankenhäuser. Auch hier enthält jeder Artikel innerhalb des Lexikons einen Hinweis auf den Verfasser, wobei in diesem Fall die Urheber dafür verantwortlich sind, dass die Informationen aktuell, evidenzbasiert und von hoher professioneller Qualität sind. Die zentrale Redaktion des Betreibers von helsenorge.no, Norsk Helsnett, übernimmt lediglich die Koordination der Themen und organisiert jährliche Planungssitzungen mit den Verfassern .

Ein ähnliches Prinzip verfolgt Australien: Ein fünfköpfiges Redaktionsteam kümmert sich um die Themenplanung und gibt anschließend die Erstellung der Inhalte bei akkreditierten Gesundheitsautoren in Auftrag oder lizenziert Inhalte von anderen Anbietern klinisch geprüfter Gesundheitsinformationen. Die Redaktion von Healthdirect kooperiert insgesamt mit mehr als 200 Gesundheitsorganisationen.

Das Portal von Maccabi, der zweitgrößten israelischen Gesundheitspflegeorganisation (HMO), nutzt eine externe Quelle: Die Inhalte innerhalb des Krankheitslexikons stammen nahezu vollständig vom National Health Service (NHS) aus Großbritannien, was auch vollkommen transparent kommuniziert wird: Die auf Hebräisch übersetzten Artikel enthalten jeweils den Syndizierungshinweis „Mit freundlicher Genehmigung des NHS“ und einen Link auf den Originalartikel in der NHS-Enzyklopädie über Krankheiten.

Öffentlich einsehbare Richtlinien sorgen für Transparenz

Den Gesundheitsportalen aus Dänemark, Schweden, Norwegen, Österreich und Australien ist gemein, dass sie nach strengen Inhaltsrichtlinien und Grundprinzipien arbeiten, die auch öffentlich auf den Portalen einsehbar sind. Zu diesen zählen unter anderem:

• Informationen müssen stets richtig sein. Sie basieren auf systematisch erworbenem bzw. forschungsbasiertem Wissen, sind also evidenzbasiert.
• Die Inhalte sind überprüfbar und werden mit Quellen belegt.
• Inhalte orientieren sich an den Bedürfnissen der Nutzer.
• Jeder Artikel enthält einen Hinweis auf den Verfasser, ggf. den Faktenprüfer und das Datum der letzten Aktualisierung.
• Therapieempfehlungen müssen den medizinischen Leitlinien entsprechen (die teilweise regional vorgegeben sind, z. B. in Schweden und Dänemark).
• Die Herausgeber sind dafür verantwortlich, dass die Inhalte regelmäßig überprüft bzw. aktualisiert werden.

Auf dem Screenshot vom Nationalen Gesundheitsportal in Österreich werden die Qualitätskriterien transparent gemacht.
Das Nationale Gesundheitsportal in Österreich macht seine Qualitätskriterien für Gesundheitsinformationen transparent.

Leitfäden für Autoren

Portale, die externe Kooperationspartner oder Autoren mit der Erstellung von Inhalten beauftragen, stellen zudem einen redaktionellen Leitfaden für externe Verfasser zur Verfügung. Norsk Helsnett etwa bietet auf helsenorge.no einen Bereich mit öffentlich einsehbaren Qualitäts- und Workflow-Richtlinien an. Darin finden sich neben den allgemeinen Qualitätskriterien auch Hinweise und Empfehlungen zum Verfassen von Artikeln bezüglich verschiedener Aspekte, wie etwa:

• Redaktionelle Tipps zum Schreiben guter Texte
• Kriterien-Checklisten
• Anleitungen für Suchmaschinenoptimierung, (Keywords, Keyword-Planner, Google Trends & Co.)
• Sprachrichtlinien für das Verfassen von laienverständlichen Texten
• Social-Media-Guidelines für die Erstellung von Postings
• Hinweise für eine nutzerorientierte Aufbereitung der Artikel entlang der Patientenbedürfnisse

Besteht kein professioneller Konsens, muss dies für die Benutzer sichtbar gemacht werden. Auch Australien bietet mit seinen umfassenden Editorial Guidelines Infos und Tipps rund um die Themen webnutzerfreundlicher Textaufbau, Google-Optimierung, Tonalität, Steigerung der Gesundheitskompetenz.

Ähnlich umfassende Redaktionsrichtlinien veröffentlicht auch die Gesundheit Österreich GmbH – mit einem in den Guidelines klar formulierten Ziel: Das Methodenhandbuch soll „das Vorgehen der Portalredaktion bei der Erstellung evidenzbasierter Gesundheitsinformationen für das öffentliche Gesundheitsportal im Inhaltsbereich ‚Krankheiten‘ detailliert beschreiben und transparent machen“. Diese öffentliche Darlegung der methodischen Vorgehensweise soll somit die „Glaubwürdigkeit und Qualität der Gesundheitsinformationen untermauern.“


Dies ist der zweite Teil unserer Artikelserie zu Nationalen Gesundheitsportalen – Erfolgsbeispiele aus anderen Ländern. 

Teil 1: Nationale Gesundheitsportale in anderen Ländern: Das bieten Sundhed.dk, 1177.se & Co. Erschienen am 12. August 2020

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