In unserer Studie #SmartHealthSystems haben wir 17 Länder zum Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen analysiert. Schweden zählt zu jenen Ländern, die schon sehr früh auf Digital Health gesetzt haben – auf Basis einer dezidierten Gesamtstrategie. Die konsequente Umsetzung dieser Strategie hat dazu geführt, dass das Land heute eines der am weitesten ausgebauten digitalen Gesundheitssysteme hat. Mit der „Vision for eHealth 2025“ will man zum weltweit führenden Land in diesem Bereich werden. Im Interview erläutert Erik Frisk, internationaler Koordinator der schwedischen Digital-Health-Agentur  „E-Hälsomyndigheten“ wie wichtig ein übergeordnetes Zielbild als Orientierungspunkt für die Akteure im Gesundheitswesen ist. Er betont, dass Kooperation und Konsens die Schlüssel für die Umsetzung der schwedischen E-Health-Strategie sind.


Warum hat sich Schweden für die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung entschieden?

Frisk: „Schweden hat relativ früh damit begonnen, die Gesundheitsversorgung zu digitalisieren und nutzt etwa seit Jahrzehnten die elektronische Patientenakte. Die aktuelle demographische Entwicklung zeigt, dass die Zahl der über 80-Jährigen in den nächsten zehn Jahren um 44 Prozent steigen wird, während die Bevölkerungsgruppe im erwerbsfähigen Alter nur um etwa sechs Prozent wächst. Wir können daher absehen, dass Schweden bald eine größere Zahl älterer Menschen medizinisch versorgen muss – bei einer verhältnismäßig kleinen Erwerbsbevölkerung. Für uns stellt die Nutzung von digitalen Lösungen in diesem Kontext eine große Chance dar und wir legen deshalb einen Schwerpunkt auf die Entwicklung neuer Gesundheitstechnologien.

Wie haben digitale Lösungen es in die Regelversorgung geschafft? Welche Rolle spielt eine Agentur wie E-Hälsomyndigheten bei der Umsetzung von Maßnahmen im Kontext digitale Gesundheit? 

Um diese Fragen zu beantworten, muss man verstehen, wie das schwedische Gesundheits- und Sozialsystem aufgebaut ist. Die Zentralregierung, zu der auch die schwedische E-Health-Agentur gehört, legt Grundsätze und Leitlinien sowie den politischen Rahmen für Gesundheit und Soziales auf nationaler Ebene fest. Das Gesundheitssystem in Schweden ist steuerfinanziert und dezentralisiert: 20 Regionen finanzieren fast die gesamte Gesundheitsversorgung und erbringen den Großteil der Gesundheitsdienstleistungen für die schwedischen Bürger. Die Regionen decken damit die Versorgung aller Einwohner ab und nur wenige Bürger haben zusätzlich eine private Krankenversicherung. Das Land verfügt über ein Erstattungssystem für die Kosten der Gesundheitsdienstleister, wobei der Anteil der privaten Anbieter, die öffentlich finanziert werden, von Region zu Region sehr unterschiedlich ist. Dann gibt es noch die rund 290 Gemeinden in Schweden, die für die häusliche oder stationäre Altenpflege und für die Betreuung von Menschen mit körperlichen Behinderungen sowie psychischen Erkrankungen zuständig sind.

In dem beschriebenen System spielt die schwedische E-Health-Agentur eine wichtige Rolle, allein schon, weil sie zum Beispiel alle E-Rezepte in Schweden speichert und verteilt. Als E-Health-Agentur verwalten und entwickeln wir zudem eine Reihe unterschiedlicher digitaler Dienste, wie etwa die nationale Arzneimittelliste. Auch bei der Initiierung und Koordinierung von digitalen Gesundheitsprojekten leisten wir einen wichtigen Beitrag und sind gleichzeitig Anlaufstelle bei Fragen zur Implementierung von Digital Health.

Das Vertrauen von Bürgern und den Angehörigen von Gesundheitsberufen ist entscheidend, wenn es um Digital Health geht. Wie baut Schweden dieses Vertrauen auf?

Im Allgemeinen haben die Bürger in Schweden und den anderen nordischen Ländern ein großes Vertrauen in ihre Gesundheitssysteme. Durch die Bereitstellung serviceorientierter Dienstleistungen und sicherer Anwendungen glauben wir, das Vertrauen der Bürger gewinnen und sogar stärken zu können.

Schweden hat eine Vision für Digital Health für das Jahr 2025 entwickelt. Was sind die wichtigsten Grundsätze und Ziele dieser Vision?

Die Kernpunkte der Vision sind Kooperation und Konsens. Voraussetzung ist, dass Schweden eine gut funktionierende digitale Gesundheitsumgebung schafft. Auf diese Weise können alle Akteure im Gesundheitswesen dieses Vorhaben mit einer klaren Vision und einem gemeinsamen Ziel vorantreiben. Im Jahr 2025 wird Schweden sicherlich Weltmeister sein, wenn es darum geht, die Möglichkeiten der Digitalisierung und von Digital Health zu nutzen. Wir wollen den Menschen einen guten und gleichberechtigten Zugang zum Gesundheitswesen sowie zu Sozialeinrichtungen ermöglichen und gleichzeitig ihre Ressourcen für mehr Unabhängigkeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stärken.

Die Vision 2025 ist das Ergebnis einer Kooperation, die auf vier Hauptaufgaben basiert:

Rechtlicher Rahmen: Sobald Rechtsvorschriften geändert werden müssen, sind gleichzeitig die Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen zu gewährleisten.

Einheitliche Terminologien ermöglichen den Informationsaustausch durch die Verwendung einheitlicher Begriffe und Strukturen.

Standards ermöglichen es Systemen, Informationen auf sichere Weise auszutauschen.

Follow-Up: Dieser Prozess ermöglicht die Nachverfolgung und Überwachung des Fortschritts.

Aus dieser Vision ergibt sich die Grundlage für die weitere Arbeit an der Digitalisierung des schwedischen Gesundheitssystems.

 

Das Interview wurde schriftlich und in englischer Sprache geführt und anschließend übersetzt.

 


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