Woran lässt sich festmachen, was eine gute Gesundheits-App ist? Wie erkennen Patienten, Ärzte und andere Akteure künftig, welche App gut ist und welche nicht? Wie sorgen wir dafür, dass echte digitale Innovationen selbstverständlicher Teil des Versorgungsalltags werden? Das sind Fragen, die uns im Projekt „Der digitale Patient“ seit längerer Zeit beschäftigen – und Fragen, die wir im Rahmen einer Open Online Session gemeinsam mit der Universität Witten/Herdecke aufgegriffen haben. Der Titel: „Gesundheits-Apps – Pille der Zukunft?“. Die Aufzeichnung der Session ist jetzt als Video online abrufbar.


 

 

Dass sich der Markt von Gesundheits-Apps dynamisch entwickelt, es aber noch vergleichsweise wenige „ernsthafte“ Apps mit direkter medizinischer Wirkung gibt, erläutert unser Kollege Johannes Bittner zu Beginn der Session (ab 0:04:45) in einem kurzen Überblicksvortrag.

In den folgenden Präsentationen von Vivian Otto, Geschäftsführerin bei jourvie (ab 0:13:34), und Thomas Hauk, Health Care Manager bei mimi hearing (ab 0:31:00), wird deutlich, wie wichtig und zugleich herausfordernd es für App-Anbieter ist, die Qualitätsanforderungen zu erfüllen, die das Gesundheitssystem an sie stellt. Zudem zeigen beide, wie zentral es für ihren Erfolg war, nicht nur an der Anwendung selbst zu arbeiten, sondern früh an Kooperationen mit System-Akteuren zu denken.

Die anschließende Befragung der Teilnehmer (ab 0:54:24) bestätigt unter anderem die wichtige Rolle der Ärzte beim Marktzugang von Apps. Fast alle Teilnehmer geben an, dass eine Empfehlung oder Verschreibung eines Arztes für sie bedeutende Bedingung für die Nutzung einer Gesundheits-Apps mit medizinischem Fokus wäre. Zudem scheint eine vertrauenswürdige bewertende Instanz wie die Stiftung Warentest als Orientierungshilfe geeignet. Dabei machen die Teilnehmer die Qualität von Apps vor allem an der nachgewiesenen medizinischen Wirksamkeit, dem Umgang mit personenbezogenen Daten und der Benutzerfreundlichkeit der Anwendung fest.

Die darauffolgende Podiumsdiskussion (ab 1:02:26) mit Julia Hagen, Bereichsleiterin Health & Pharma beim Digital-Verband bitkom, Jörg Sauskat, Referent für Gesundheitspolitik in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und Bernhard Tenckhoff, Leiter der Stabsabteilung Innovation, Strategische Analyse und IT-Beratung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ist thematisch in drei Abschnitte unterteilt: „Qualität“ (ab 1:05:24), „Transparenz“ (ab 1:21:03) und „Marktzugang“ (ab 1:36:51).

Das Gespräch zeigt unter anderem, dass es zwar noch keinen übergreifenden Konsens über Qualitätskriterien für Gesundheits-Apps gibt, aber einige Kriterien offensichtlich sind. Neben den Themen Nutzennachweis, Datenhandhabung und Usability gehört hierzu auch die Transparenz des Anbieters über sein Geschäftsmodell oder den Umgang mit Daten. Deutlich wird, dass viele App-Anbieter beim Thema Nutzennachweis noch am Anfang stehen – und dass dabei nicht nur die klinische Wirksamkeit nachgewiesen werden muss, sondern auch der gesundheitsökonomische Nutzen. Einigkeit herrscht bei den Diskutanten, dass es für den Nutzennachweis von Apps andere, dynamischere Methoden braucht als etwa bei Arzneimitteln. Einem allumfassenden Qualitätssiegel für Apps als Mittel für mehr Transparenz erteilen alle Experten auf dem „virtuellen Podium“ eine Absage – unter anderem aufgrund der Größe des Marktes könne man maximal einzelne Kriterien zertifizieren und mit einem Siegel auszeichnen.

In der Schlussrunde (ab 1:54:57) wird diskutiert, wie lange es dauern wird, bis Apps selbstverständlicher Teil des Versorgungsalltags in Deutschland sind. Hierzu – so die Experten – müssten im System noch einige Hürden abgebaut werden, das Regelwerk für den Marktzugang müsse angepasst werden. Und das müsse mit Blick auf die Dynamik der technologischen Entwicklungen kurzfristig geschehen.


Die Open Online Session fand statt im Rahmen des Studium Fundamentale (StuFu) der Universität Witten/Herdecke – im Kurs: „Digital Medicine – how data will change the way we treat“. Wir danken der Universität für die Möglichkeit, die Session mitzugestalten.

Wie die Universität die digitale Versorgung als zentralen Bestandteil ihres Medizinstudiums mitdenkt, lässt sich hier nachlesen.


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