Handlungsempfehlung #4
„eEPA-Bundesinstitut“: Effektive Governance-Struktur für einrichtungsübergreifende Elektronische Patientenakten schaffen
Einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakten (eEPA) sind die „Königsdisziplin“ der digitalen Vernetzung im Gesundheitswesen. Sie können zur zentralen Plattform des digitalen Wandels im Gesundheitswesen werden. Mit dem sogenannten E-Health-Gesetz, das Ende 2015 verabschiedet wurde, ist die Etablierung von einrichtungsübergreifenden Akten in Deutschland gesetzgeberisch verankert worden – die organisatorischen und technischen Voraussetzungen sollen bis Ende 2018 geschaffen sein.
Die Erfahrungen anderer Länder zeigen: Die flächendeckende Implementierung von eEPA-Systemen ist nicht trivial. Viele Festlegungen sind zu treffen: zu den Inhalten, zum Datenschutz, zum Zugangsmanagement, zur Haftung, zu Interoperabilitätsstandards und zur Finanzierung. Zudem gilt es, durch verbindliche Standards den derzeit an verschiedenen Stellen entstehenden Insellösungen entgegenzuwirken – es gilt, einen Rahmen für Anwendungen zu schaffen, die einen möglichst hohen Patientennutzen haben.
Vor dem Hintergrund
- des erwarteten gesamtgesellschaftlichen Wertebeitrags,
- der Komplexität des Projekts und
- den bisherigen Erfahrungen mit der alleinigen Projektsteuerung durch die Selbstverwaltung im Kontext der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)
sollte die Politik den mit dem E-Health-Gesetz eingeschlagenen Weg der politischen Verantwortung konsequent weitergehen. Hierzu sollte eine spezifische Governance-Struktur unter politischer Steuerung geschaffen werden. Jetzt, noch vor Start des Implementierungsprozesses von eEPA-Systemen, wäre der geeignete Zeitpunkt dazu.
Die eEPA-Governance-Struktur sollte auf der einen Seite Partizipation der betroffenen gesellschaftlichen Gruppen und Experten sicherstellen, auf der anderen Seite handlungs- und entscheidungsfähig sein. Kern könnte ein auf Dauer angelegtes „eEPA-Bundesinstitut“ sein, das verbindliche Spezifikationen für eine wettbewerbliche Entwicklung von eEPA-Systemen zur Verfügung stellt, zulässige Betreibermodelle definiert und den Partizipationsprozess organisiert. Dieses Institut wäre keine „Großbehörde“, sondern ein agiler Think Tank.

Die Fachaufsicht für das Institut läge beim Bundesministerium für Gesundheit. Ein strategisches Board mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik würde Empfehlungen aussprechen, die betroffenen Experten- und Anspruchsgruppen, z. B. aus der Selbstverwaltung, würden über Fokusgruppen (fachlich) und einen Beirat (übergeordnet) beteiligt. Das technische Knowhow zu unterschiedlichen Themen würde über thematische Boards eingebunden, die gematik wäre weiterhin zuständig für den Betrieb der Telematikinfrastruktur.
Quellen der empirischen Grundlage
- Haas, P. Elektronische Patientenakten – Einrichtungsübergreifende Elektronische Patientenakten als Basis für integrierte patientenzentrierte Behandlungsmanagement-Plattformen. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2017. doi 10.11586/2017018.
- Thranberend T, Haas P. SPOTLIGHT Gesundheit – Elektronische Patientenakten. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2017. ISSN (Online) 2364-5970.
Erklärung
zuletzt aktualisiert am 20.06.2017
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