Die geplante Änderung des Arzneimittelgesetzes würde Onlinerezepte ohne persönlichen Arztkontakt pauschal verbieten. Unser Expertennetzwerk spricht sich ausnahmslos gegen diese Unterbindung ohne differenziertere Betrachtung des Sachverhalts aus.


Virtuelle Arztbesuche können den Zugang zu medizinischer Versorgung verbessern – beispielsweise in Form von Video-Sprechstunden und in Ergänzung zum direkten Arzt-Patient-Kontakt. Es gibt telemedizinische Versorgungsansätze, die sogar ganz ohne begleitenden persönlichen Arztkontakt auskommen wollen.

Heute wird im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages über die AMG-Novelle beraten – und es geht um eine folgenreiche Gesetzesänderung: Apotheken dürften verschreibungspflichtige Medikamente nur noch dann ausgeben, wenn auf dem vorgelegten Rezept erkennbar ist, dass es vorausgehend einen persönlichen Arztkontakt gegeben hat. Begründet wird dieser Schritt durch eine notwendige Sicherung der Versorgungsqualität: Behandlungs- und Diagnosefehler im Rahmen rein telefonischer oder internetbasierter Patientenkontakte sollen dadurch vermieden werden.

Doch auf der anderen Seite hat die AMG-Novelle möglicherweise weitreichende Konsequenzen für innovative Modelle der Gesundheitsversorgung. Noch gibt es keine ausreichenden Erkenntnisse darüber, ob Fernverschreibungen unter bestimmten Voraussetzungen oder beispielsweise bei bestimmten Behandlungsanlässen nicht ein hilfreiches Werkzeug im Sinne einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung wären.

Expertennetzwerk ist gegen Fernverschreibungs-Verbot

Wir fragen uns, ob die aktuelle Entwicklung zur Sicherung der Versorgungsqualität wirklich erforderlich ist, oder in erster Linie digitale Innovationen verhindert. Daher haben wir unser Expertennetzwerk „30 unter 40“ gestern um eine Bewertung der geplanten AMG-Novelle gebeten. Hier ist das eindeutige Ergebnis:

Auch wir sind der Ansicht, dass es eine differenzierte Betrachtung von Fernbehandlung und Fernverschreibung braucht; auch wenn bestimmte Behandlungsanlässe sicherlich nicht ohne initialen Arztkontakt auskommen. Ziel sollte sein, zu evaluieren und zu definieren, unter welchen Voraussetzungen rein telemedizinische Ansätze geeignet sind, ohne Einschränkung der Versorgungsqualität einen Mehrwert für den Patienten darzustellen.


Nachtrag vom 28.09.2016, 15:45 Uhr: In einer Pressemitteilung gibt der Deutsche Bundestag bekannt, dass der Gesundheitsausschuss die 17 Änderungsanträge der Gesetzesvorlage gebilligt habe. Eine Einschränkung bzgl. eines anderen Themas erfordere eine Expertenanhörung, sodass der Bundestag voraussichtlich im November über den gesamten Gesetzesentwurf abstimmen werde, heißt es in der Mitteilung.


Was ist Ihre Meinung zum Fernverschreibungs-Verbot und seinen Folgen ein? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar und eine spannende Diskussion!